(Dax-Schlusskurse, US-Börsen)

Frankfurt (Reuters) - Der spürbar gesunkene US-Preisdruck hat die Kauflust der Anleger an den Börsen wieder geweckt. Der Dax schloss am Donnerstag 3,5 Prozent im Plus bei 14.146 Punkten, der EuroStoxx50 stieg um 3,2 Prozent. An der Wall Street legte der Standardwerteindex Dow-Jones-Index um drei Prozent zu auf 33.520 Punkte. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 4,7 Prozent auf 3924 Punkte. Besonders deutlich fiel das Plus bei den Technologiewerten aus: Der Nasdaq-Index gewann sechs Prozent auf 10.978 Punkte.

Auch beim Euro stiegen die Investoren wieder ein, die Gemeinschaftswährung kostete am Abend 1,0169 Dollar, nachdem sie vor Veröffentlichung der Daten noch unter einem Dollar notiert hatte. Auch Anleihen landeten in den Depots, die Renditen dies- und jenseits des Atlantiks fielen im Gegenzug. Gold verteuerte sich um 2,6 Prozent auf 1.750 Dollar je Feinunze.

Mit Spannung hatten Anleger auf die Daten gewartet und sich daher bis zum Nachmittag an den Börsen zurückgehalten. Um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die US-Notenbank Fed zuletzt mehrmals deutlich die Zinsen erhöht. Sie hatte signalisiert, dass sie das Tempo bei den Erhöhungen etwas herausnehmen könnte. Nun ging der Inflationsdruck im Oktober deutlicher als erwartet zurück und liefert der Notenbank Argumente für eine weniger aggressive Gangart.

Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel auf 7,7 Prozent von 8,2 Prozent im September. Von Reuters befragte Experten hatten mit 8,0 Prozent gerechnet. Es ist der vierte Rückgang in Folge und nährt Hoffnungen, dass der Gipfel der Inflationsentwicklung überwunden sein dürfte. Dennoch liegt die Teuerungsrate immer noch fast vier Mal so hoch wie von der Notenbank Fed angestrebt.

"Die Richtung stimmt, der Rückgang bei der Gesamt- und Kernrate bleibt aber eine zähe Sache", sagte Bastian Hepperle, von Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Läuft die Inflationsrate jedoch weiter nach unten, wird die US-Notenbank einen weniger scharfen Ton an den Tag legen und ihren Zinserhöhungsgang im Dezember verlangsamen. Der Leitzins-Gipfel dürfte im Frühjahr 2023 erreicht werden."

TECHWERTE IN EUROPA UND USA AUF HÖHENFLUG

Auf beiden Seiten des Atlantiks zählten Technologiewerte zu den Favoriten der Anleger, da sie besonders abhängig von Konjunkturentwicklung und Zinspolitik sind. In Europa stiegen STMicroelectronics um knapp acht Prozent, Infineon und SAP um sieben Prozent. In den USA legten die Aktien von Microsoft, Apple, Alphabet, Meta und Nvidia zwischen sechs und zehn Prozent zu. Die Aktien von Amazon kletterten mit knapp 13 Prozent noch stärker. Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge, stellt der Konzern unprofitable Geschäftsbereiche auf den Prüfstand.

Einer der wenigen Verlierer im Dax waren die Papiere der Deutschen Telekom, die um 1,5 Prozent fielen. Ein rasantes Wachstum der Tochter T-Mobile stimmt den Konzern zwar optimistischer. "Solide Zahlen, aber die dritte Prognoseanhebung in Folge ist keine Überraschung", sagte ein Händler.

Delivery Hero legten im MDax um mehr als 18 Prozent zu. Alles in allem seien die vorgelegten Zahlen des Essenslieferanten ermutigend, vor allem der Ertragsausblick für 2023, urteilten die Analysten von JP Morgan.

Nach der gescheiterten Rettungsaktion der in Liquiditätsnöte geratenen Kryptobörse FTX durch den größeren Rivalen Binance fürchten Anleger weitere Turbulenzen. FTX war unter Druck gekommen, nachdem Kunden binnen Tagen massenhaft Geld abgezogen hatten. Die älteste Cyberdevise Bitcoin war im Zuge dessen erstmals seit 2020 unter die Marke von 16.000 Dollar gefallen. Nach den US-Inflationsdaten stieg der Kurs wieder über 17.000 Dollar. Die Sorgen um FTX bestünden weiter, urteilte Analyst Timo Emden von Emden Research. Aber: "Insbesondere Schnäppchenjäger dürften sich angesichts vermeintlich günstiger Preisniveaus nun auf die Pirsch begeben."

(Bericht von Myria Mildenberger und Anika Ross, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)