PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Dienstag keine einheitliche Richtung gefunden. Nach dem zuletzt starken Lauf scheint die Luft erst einmal ein Stück weit raus zu sein. Gegen Mittag stieg der EuroStoxx 50 um 0,15 Prozent auf 4421,69 Punkte, während der Stoxx 50 um 0,13 Prozent auf 4014,07 Punkte nachgab.

Auch die grossen Länderbörsen präsentierten sich uneinheitlich. Der französische Cac 40 zog um 0,15 Prozent auf 7343,61 Zähler an, während der britische FTSE 100 um 0,45 Prozent auf 7479,52 Punkte nachgab.

Das Geschäft verlief dabei zurückhaltend. "Insgesamt lässt sich eine abnehmende Kursdynamik erkennen", merkte Marktexperte Andreas Lipkow an. Dies gilt um so mehr, als mit dem Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe der USA am Nachmittag wichtige Konjunkturdaten anstehen.

Die Zurückhaltung könnte aber auch Vorbote eines neuen Aufwärtsschubs sein. "Spannend ist jetzt, ob und wann das noch parkende Geld die Geduld verliert und auf den aktuell nur noch langsam, aber doch weiter fahrenden Zug aufspringt", betonte Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker Robo Markets. "Am Freitag kommen die monatlichen Arbeitsmarktzahlen aus den USA. Sollten diese die Abkühlung aus dem Oktober bestätigen, könnte der Markt wieder einen Gang höherschalten und der Druck auf die Skeptiker der Rally zunehmen." Denn: Ein trägerer Arbeitsmarkt würde den Druck von der US-Notenbank Fed nehmen mit Blick auf die Zinspolitik im Ringen mit der hohen Inflation.

"Des einen Freud, des anderen Leid", war erneut das Motto im Telekomsektor. Bei Nokia und Ericsson setzte sich am Dienstag die Entwicklung von Vortag fort. Die Papiere des finnischen Netzwerkausrüsters standen weiter mit 7,8 Prozent Abschlag unter Druck, während die Anteilsscheine der schwedischen Konkurrenz mit fünf Prozent Gewinn gefragt waren. Auslöser war ein Grossauftrag des US-Telekommunikationsunternehmens AT&T , bei dem die Schweden den Vorzug erhielten. Der Vertrag hat über eine Laufzeit von fünf Jahren ein Volumen von 14 Milliarden Dollar (12,9 Mrd Euro).

Für Ericsson ist der Auftrag ein bedeutender Schritt, um seine Verbindungen zu AT&T weiter auszubauen. Bereits jetzt stehen die Schweden für rund zwei Drittel des Netzes der Amerikaner. Das andere Drittel entfällt auf Nokia. Die Finnen rechnen nun mit Umsatzeinbussen in ihrem Netzwerkgeschäft mit den Amerikanern.

Roche bauten die Vortagesgewinne mit 1,7 Prozent Aufschlag aus. Der Pharmakonzern hatte bei der Behandlung von Brustkrebs einen Studienerfolg erzielt. Da andere Schwergewichte wie Novartis jedoch schwächelten, lag der Pharmasektor leicht im Minus.

Favoriten waren unterdessen die Immobilienwerte. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Real Estate erklomm ein weiteres Erholungshoch seit März dieses Jahres. Nachdem er im Oktober für 2023 noch 15 Prozent im Minus gelegen hatte, liegt er nun gut sieben Prozent Plus. Inzwischen besserten sich die Aussichten für den zinssensiblen Sektor zum Positiven, schrieb Analyst Jonathan Kownator von Goldman Sachs in einem Branchenausblick. Ab dem zweiten Quartal rechneten die Volkswirte von Goldman in Europa mit Zinssenkungen./mf/mis