Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt ist am Freitag nach einem sehr schwachen Start rasch in den Bereich des Vortagesschlusses zurückgekehrt. Zu verdanken ist dies insbesondere der Stärke der defensiven Schwergewichte. Der erste Schock nach dem sprunghaften Zinsanstieg der langjährigen US-Staatsanleihen scheint etwas nachgelassen zu haben, dennoch scheint die Stimmung angesichts der Wiederkehr des Schreckgespensts "Inflation" etwas angeschlagen, auch wenn erste Kommentatoren nun zu beschwichtigen versuchen.

"Warum eigentlich Angst vor steigenden Zinsen haben?", fragt sich etwa die VP Bank in einem Kommentar. Der Renditeanstieg der langfristigen US-Staatsanleihen entspreche einem üblichen Muster. Bei tiefen Zinsen und auf "Grün" stehenden Konjunkturampeln nehme der Bedarf an sicheren Häfen ab und die Finanzmärkte schalteten in den Aufschwungmodus. Klar sei dabei aber auch, dass bei einer weiteren Erholung des US-Konjunktur die üppige Unterstützung der amerikanischen Notenbank hinfällig werde. "Je mehr Joe Biden die Wirtschaft fiskalpolitisch unterstützt, desto weniger bedarf es der Bazooka eines Jerome Powell." Dass sich die Finanzmärkte trotz der Beteuerungen der Fed-Offiziellen auf ein Ende der expansiven Geldpolitik einstellten, sei schlicht rational.

Der SMI weist um 11.05 Uhr ein knappes Minus von 0,04 Prozent auf und steht bei 10'654,94 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gibt 0,39 Prozent auf 1'720,41 Punkte nach und der umfassende SPI 0,15 Prozent auf 13'289,59 Punkte. Von den 30 SLI-Werten werden 25 unter dem Schlusswert des Vortages gehandelt und 5 darüber.

Zum Wochenschluss stehen LafargeHolcim im Mittelpunkt. Die Aktie stehen mit einem Minus von 1,1 Prozent im Anschluss an die Jahreszahlen im breiten Mittelfeld. Insgesamt zeigen sich die Analysten überwiegend zufrieden mit dem Ergebnis, vor allem der Schlussspurt im vierten Quartal wird gelobt. Verschiedene Kommentatoren streichen den EBIT heraus, der im Schlussquartal deutlich über den Markterwartungen lag. Der Ausblick wird insgesamt zwar gelobt, löst aber keine Begeisterungsstürme aus.

Grösster Verlierer sind derzeit Adecco (-1,9%), welche bereits am Vortag im Anschluss an die Jahreszahlen unter Druck standen. Verschiedene Kurszielerhöhungen helfen da am Berichtstag wenig.

Angesichts des Minus von 3,6 Prozent des Nasdaq 100 am Vorabend in New York überraschen die klaren Verluste von AMS (-1,7%) oder Logitech (-1,8%) wenig.

Des weiteren leiden Finanztitel wie Julius Bär (-1,2%), UBS (-1,1%) oder Swiss Re (-1,2%), aber auch konjunktursensitive Aktien wie ABB (-1,0%) besonders unter der erhöhten Nervosität, welche sich auch in einem klaren Anstieg des "Angstbarometers" VMSI - also in einer erhöhten Volatilität - äussert. Bis auf ABB sind die genannten Aktien in den vergangenen Wochen aber auch sehr gut gelaufen.

Dass der Gesamtmarkt SMI nicht klar im Minus steht, ist auf Roche (+1,0%), Novartis (+0,7%) und Nestlé (+0,2%) zurückzuführen. Die Schwergewichte werden ihrem Ruf als defensive Versicherung des Gesamtmarktes damit wieder einmal gerecht.

Gesucht sind darüber hinaus auch Lonza (+1,1%) und Kühne+Nagel (+0,9%), wobei bei letzteren ein Auftrag für den Vertrieb des Impfstoffs von Sinovac etwas stützt.

Im breiten Markt brechen Bobst nach Jahreszahlen um 5,3 Prozent ein. Der vorausgesagte Umsatz von 1,3 Milliarden wurde zwar gut erreicht, allerdings verzichtet das Unternehmen auf eine Dividende und zeichnet für die nächsten 24 Monate kein gutes Bild.

Entgegen dem Trend ziehen Autoneum (+0,6%) etwas an. Die Aktien gehören seit dem Corona-Tief zu den echten Kursraketen. Wenn Autoneum nämlich in wenigen Tagen die endgültigen Zahlen für 2020 vorlegt, gehen die Analysten von einer starken Performance aus.

Nach Zahlen werden auch die Papiere der Immobiliengesellschaft Ina Invest (+1,9%) gekauft.

cf/ra