Rund 12.000 der weltweit gut 118.000 Arbeitsplätze sollen wegfallen, wie der Pharma- und Agrarchemiekonzern am Donnerstag nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Ein bedeutender Teil der Streichungen soll dabei Deutschland treffen, zu Details hielt sich Vorstandschef Werner Baumann aber noch bedeckt. Bis Ende 2025 soll hierzulande jedoch auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden. Für das Geschäft mit Tier-Medizin sowie Marken im Bereich Sonnenschutz und Fußpflege gibt es künftig keinen Platz mehr im Bayer-Reich. Der Konzern will sich zudem von seinem Anteil am Chemiepark-Betreiber Currenta trennen.

Die Pläne seien keine Reaktion auf die Monsanto-Übernahme, beteuerte Baumann. "Und erst recht nicht auf die Glyphosat-Klagen in den USA." Bayer hattte den US-Saatgutriesen im Sommer für knapp 63 Milliarden Dollar übernommen. Wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des von Monsanto entwickelten Unkrautvernichters sieht sich der Konzern in den USA mit rund 9300 Klägern konfrontiert. An der Börse verlor Bayer deshalb deutlich an Wert. Dort kamen am Donnerstag auch die mit dem Umbau angekündigten Milliardenabschreibungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro nicht gut an - Bayer-Aktien gehörten zu den größten Verlierern im Dax und gingen mit knapp 64 Euro aus dem Handel. Ende Januar kosteten sie noch 108 Euro.

Baumann betonte, die beschlossenen Maßnahmen seien "der richtige Schritt" für Bayer. Der Konzern erhöhe damit seine Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Der Stellenabbau solle "fair, sozialverträglich und mit dem nötigen Augenmaß erfolgen". So sollen etwa Modelle für Austritte in den vorzeitigen Ruhestand zeitnah vereinbart werden. Die Arbeitnehmer hatten den Plänen im Aufsichtsrat zugestimmt - die Beschlüsse fielen einstimmig, wie Bayer mitteilte. "Der erreichte Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2025 ist ein Meilenstein", erklärte Betriebsratschef Oliver Zühlke.

BAYER STELLT TIER-MEDIZIN INS SCHAUFENSTER

Die rund 12.000 Arbeitsplätze sollen bis Ende 2021 abgebaut werden. Davon entfallen rund 900 auf die Pharma-Forschung, wo Baumann künftig verstärkt auf gemeinsame Forschung mit Partnern und externe Innovationen setzt. Hinzu kommen rund 350 Stellen wegen der Aufgabe eines Betriebs in Wuppertal zur Herstellung von Produkten zur Behandlung der Bluterkrankheit Hämophilie. Weitere 1100 Stellen entfallen auf die Neuaufstellung der Organisation im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten (Consumer Health), rund 4100 auf das Agrargeschäft Crop Science durch die Monsanto-Integration und weitere 5500 bis 6000 unter anderem bei übergreifenden Konzernfunktionen.

Über einen Verkauf der Tiermedizin war bereits länger spekuliert worden, auch wenn Baumann zuletzt gegenteiliges beteuert hatte. Branchenexperten zufolge ist das Bayer-Geschäft in diesem Bereich zu klein, um langfristig allein bestehen zu können. Im vergangenen Jahr fuhr der Bereich einen Umsatz von rund 1,57 Milliarden Euro ein - etwa 4,5 Prozent der Erlöse des Gesamt-Konzerns. Analysten erwarten, dass ein Verkauf zwischen sechs und sieben Milliarden Euro einbringen könnte.

Im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten, das seit längerem schwächelt, räumt Baumann nun auf. Bayer prüft, wie man sich von den Bereichen Sonnenschutz mit der Marke Coppertone und Fußpflege mit der Marke Dr. Scholl's trennen kann. Der 60-prozentige Anteil an dem Chemiepark-Betreiber Currenta mache für Bayer nach dem Ausstieg beim Kunsstoffhersteller Covestrokeinen Sinn mehr.

Im vierten Quartal kommen auf den Konzern Abschreibungen aus den Sparten Consumer Health und Pharma in einer Größenordnung von insgesamt 3,3 Milliarden Euro zu - der Löwenanteil mit rund 2,7 Milliarden aus den rezeptfreien Gesundheitsprodukten. Mit dem Sparprogramm und dem Umbau soll Bayer aber profitabler werden. Die bereinigte operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) soll bis 2022 auf mehr als 30 Prozent steigen. Im vergangenen Jahr lag sie bei 26,5 Prozent. Die Einmalkosten durch das Programm bezifferte der Konzern auf mehr als vier Milliarden Euro. Analysten und Fondsmanager will Bayer am 5. Dezember auf einer Investorenkonferenz in London über die künftigen Perspektiven seines Geschäfts informieren.