BASEL (dpa-AFX) - Noch vor wenigen Monaten stellte Roche-Chef Severin Schwan die Öffentlichkeit auf ein Übergangsjahr ein - zur allseitig großen Überraschung erhöht der Manager nun die Prognose für 2018 bereits zum zweiten Mal. Denn bei den Schweizern laufen neue Hoffnungsträger wie etwa das Multiple-Sklerose-Mittel Ocrevus so gut, dass die Umsatzeinbußen bei einigen in die Jahre gekommenen Medikamenten weniger ins Gewicht fallen. Ergebnisseitig half zudem im ersten Halbjahr die US-Steuerreform dem Unternehmen kräftig auf die Sprünge. Auch der Schweizer Börse legte die Aktie bis zum späten Vormittag um rund zweieinhalb Prozent zu.

Für das Gesamtjahr schreibt sich Roche nun - gerechnet zu konstanten Wechselkursen - ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Prozentbereich auf die Fahne, wie der Konzern am Donnerstag in Basel mitteilte. Ursprünglich hatte Konzernchef Schwan im ungünstigsten Fall mit einem stagnierenden Umsatz kalkuliert, zuletzt dem Unternehmen aber schon ein niedriges einstelliges Plus zugetraut.

Beim Kerngewinn je Aktie strebt der Konzern jetzt sogar ein Wachstum von um die 15 Prozent an, wobei auch hier die neuen Steuervorschriften in den USA günstig für die Schweizer ausfallen. Die Effekte der Reform herausgerechnet soll das Gewinn-Wachstum weitgehend dem Umsatzplus entsprechen.

Analysten äußerten sich lobend. Auf den ersten Blick habe der Schweizer Pharmakonzern die Erwartungen klar übertroffen und den Ausblick deutlicher als erwartet angehoben, schrieb Branchenkenner Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan.

Im ersten Halbjahr konnte Roche seinen Umsatz um 7 Prozent auf 28,1 Milliarden Schweizer Franken (rund 24,2 Mrd Euro) steigern. Das operative Ergebnis (der sogenannte Kernbetriebsgewinn) verbesserte sich um 10 Prozent auf 11,2 Milliarden Franken. Das war mehr als Experten erwartet hatten. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 7,5 Milliarden Franken hängen, das war ein Drittel mehr als vor einem Jahr.

Roche braucht neue Erfolge, weil bei den wichtigsten Kassenschlagern des Konzerns die Umsätze wegbrechen. So knickten die Erlöse mit dem Blockbuster Mabthera weiter ein. Mit dem neuen Multiple-Sklerose-Mittel Ocrevus hat der Konzern aber bereits einen Nachfolger. Ocrevus sei die beste Produkteinführung in der Unternehmensgeschichte, sagte Schwan in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Roche hatte Ocrevus als erste Arznei auf den Markt gebracht, mit der auch eine seltenere, aber schwerwiegendere MS behandelt werden kann. Das Mittel ist erst seit knapp eineinhalb Jahren erhältlich, brachte es im ersten Halbjahr 2018 aber bereits auf einen Umsatzbeitrag von rund einer Milliarde Franken.

Mit Ocrevus und anderen Produkten wie etwa dem Krebsmittel Perjeta sieht sich Roche nun auch gut gegen drohende weitere Konkurrenz gerüstet. Schwan verwies etwa auf Risiken für den Krebs-Blockbuster Avastin durch neue Ansätze in der Immunonkologie und das Krebsmittel Herceptin durch Nachahmer. Der Konzern werde versuchen, diese negativen Effekte mit der Verjüngung seines Portfolios so gut wie möglich abzufedern, betonte der Roche-Chef.

Der lange auf die Krebsforschung konzentrierte Roche-Konzern erarbeitet sich derzeit weitere Standbeine. Neben der bereits laufenden Forschung an Nervenkrankheiten wie MS und Alzheimer kehren die Schweizer nun mit einigen frühen Projekten auch in die Antibiotikaforschung zurück. Dieses Feld hat die Branche lange vernachlässigt./tav/AWP/nas/das