Die vor 41 Jahren gegründete Airline erklärte, sie habe den durch die Epidemie verursachten Einbruch der Reisenachfrage nicht länger verkraften können. "Alle Flüge bleiben am Boden, und das Geschäft ist mit sofortiger Wirkung eingestellt", teilte Flybe mit. An dem unter Überkapazität leidenden Flugmarkt in Europa läuft schon seit 2017 eine Pleitewelle. Diese könnte sich wegen der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus, die den Luftverkehr hart trifft, beschleunigen, erklärten in dieser Woche erst Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Air-France-KLM-Boss Ben Smith auf einer Branchenkonferenz in Brüssel.

Die Fluggesellschaften leiden derzeit unter der mangelnden Reisefreudigkeit infolge der sich weltweit ausbreitenden Lungeninfektion. British Airways, Easyjet, Lufthansa und United Airlines kündigten wegen der vielen Flugausfälle bereits Einsparungen an. Der Billigflieger Norwegian Air gab am Donnerstag sein Ziel auf, nach drei Jahren mit Verlust 2020 schwarze Zahlen zu schreiben.

Der internationale Airline-Verband IATA schätzt den Umsatzausfall weltweit auf 63 bis 113 Milliarden Dollar, je nachdem wie die schon rund 80 Länder plagende Krankheitswelle eingedämmt werden kann. Nach dem schlechteren Szenario wären das 13 Prozent weniger Umsatz in diesem Jahr als ursprünglich von IATA prognostiziert. Für Europa erwartet IATA wegen Corona ein Viertel weniger Fluggäste und umgerechnet gut 33 Milliarden Euro Umsatzausfall. Frachtflüge sind hier noch nicht einbezogen.

Die Krise werde größere Ausmaße haben als die Sars-Epidemie 2003, erklärten mehrere Fluggesellschaften. So sagte Topi Manner, Chef von Finnair, auf einer Konferenz in Helsinki: "Das Coronavirus wird Finnair erheblich beeinträchtigen, und die Auswirkungen werden größer sein als die von Sars." Finnair musste schon 1100 Flüge streichen. Bei der Lufthansa bleiben mittlerweile die Kapazitäten von 150 Flugzeugen am Boden. Im Jahr der Sars-Epidemie war der Lufthansa-Umsatz um rund sechs Prozent geschrumpft.

CORONA TÖDLICH FÜR SCHWACHE AIRLINES

Flybe bediente mit einer Flotte von knapp 70 Flugzeugen Routen von Großbritannien zu europäischen Zielen. Mit der Airline flogen rund acht Millionen Passagiere im Jahr zwischen gut 80 Flughäfen. Jetzt stehen etwa 2400 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY soll die Abwicklung übernehmen.

Die britische Airline steckte schon länger in Schwierigkeiten. Mitte Januar hatten die Eigentümer, ein Konsortium aus Virgin Atlantic, der Stobart Group und Cyrus Capital, mit der Regierung ein Rettungspaket geschnürt. Die Eigner sagten zig Millionen weitere Investitionen zu, der Staat wollte mit einer Finanzierung einspringen, eine Erleichterung von der Fluggastabgabe war im Gespräch. Der Plan zerschlug sich jetzt. Die Auswirkungen der Lungenkrankheit Covid-19 auf den Luftverkehr hätten alle Bemühungen zur Rettung von Flybe zunichte gemacht, erklärten die Eigner. Sie hätten insgesamt 135 Millionen Pfund in die Airline gesteckt.

Die Insolvenz kommt Premierminister Boris Johnson ungelegen, hatte seine konservative Partei doch im Wahlkampf versprochen, die Verkehrsanbindung von Gebieten außerhalb Londons zu verbessern. Die Flybe-Pleite trifft vor allem die Regionalflughäfen Exeter, Birmingham und Southampton. Die Gesellschaft bot mehr als die Hälfte britischer Inlandsflüge außerhalb Londons an. Verkehrsminister Grant Shapps erklärte, die Regierung werde mit der Branche beraten, wie die jetzt wegfallenden Routen bedient werden könnten. Platzhirsch IAG, der Mutterkonzern von British Airways und der spanischen Iberia, hatte sich über die Staatshilfe für Flybe beschwert. IAG-Chef Willie Walsh sprach sich vor wenigen Tagen erneut gegen staatliche Finanzhilfen für strauchelnde Airlines aus.