"Alle Optionen sind auf dem Tisch", sagte Konzernchef Joseph Jimenez am Mittwoch am Firmensitz in Basel. Bis Jahresende soll klar sein, ob die einst für mehr als 50 Milliarden Dollar von Nestle gekaufte Augenheilsparte - die die hohen Erwartungen nie erfüllen konnte und inzwischen ein Sanierungsfall ist - an die Börse gebracht oder an Dritte verkauft wird. Auch ein Festhalten an Alcon ist für Jimenez denkbar. Welcher Weg beschritten wird, werde letztendlich von den Fortschritten der mit Ertragsproblemen kämpfenden Sparte abhängen, wie der Amerikaner ausführte. Im vierten Quartal ortete er Anzeichen für eine Belebung des Geschäfts.

Dass Alcon auf dem Prüfstand steht, wurde spätestens im November klar, als Novartis-Präsident Jörg Reinhardt in einem Zeitungsinterview von dem Bereich abrückte. Die Sparte steht unter starkem Konkurrenzdruck, hat teilweise den Anschluss verloren und steckt operativ in den roten Zahlen. Jimenez räumte vergangenen Oktober ein, dass die Sanierung länger dauert als ursprünglich geplant. 2016 sank der Umsatz um drei Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar, der Betriebsverlust betrug 132 Millionen Dollar.

PHARMA GEWINNT

Jimenez trat Spekulationen entgegen, dass Novartis bei einer Trennung von Alcon eine hohe Wertberichtigung drohe. Die Augenmedikamente seien inzwischen in die Pharma-Sparte überführt worden und Alcon sei heute auf Augenchirurgie und das Geschäft mit Kontaktlinsen ausgerichtet. Goodwill und immaterielle Werte des Bereichs bezifferte der Novartis-Chef mit lediglich noch 16,9 Milliarden Dollar. Von einer Aufspaltung des verbliebenen Geschäfts hält Jimenez nichts, wie er durchblicken ließ. Alcon drohe sonst, unter eine kritische Größe zu rutschen.

Bei einem Abschied von Alcon, das zwölf Prozent zum Konzernumsatz besteuert, würde Novartis zum reinen Pharmakonzern - und damit das Erbe des früheren Konzernlenkers Daniel Vasella endgültig abstreifen. Jimenez hat Novartis zusammen mit dem frühere Bayer-Manager Reinhardt auf drei Bereiche fokussiert: verschreibungspflichtige Arzneien, Generika und Alcon. Das schnell wachsende und hochlukrative Krebsgeschäft stärkten sie mit einem Milliardenzukauf und veräußerten im Gegenzug die kleinen und renditeschwächeren Sparten Impfstoffe, rezeptfreie Medikamente und Tiermedizin.

ANLEGER MÜSSEN BIS 2018 AUF WACHSTUM WARTEN

Aber auch in den anderen Konzernsparten lief es im vergangenen Jahr nicht rund. Kosten für die Markteinführung des Herzmedikaments Entresto und Umsatzeinbußen beim wichtigen Blutkrebsmittel Glivec schmälerten das Ergebnis bei Novartis. Der um Sonderfaktoren bereinigte Betriebsgewinn sank 2016 um sechs Prozent auf 13,0 Milliarden Dollar, der Umsatz fiel um zwei Prozent auf 48,5 Milliarden Dollar. Unter dem Strich stand mit 6,7 Milliarden Dollar fünf Prozent weniger Reingewinn.

Für das laufende Jahr machte Jimenez den Anlegern wenig Hoffnung auf Besserung. Der Patentschutz für Glivec läuft nach den USA diese Jahr auch in Europa aus, was die Umsatzerosion beschleunigen dürfte. Insgesamt rechnet der Novartis-Chef 2017 mit einem weitgehend stagnierenden Umsatz. Der bereinigte Betriebsgewinn dürfte in etwa stabil bleiben oder um einen niedrigen einstelligen Prozentbetrag sinken. Eine Rückkehr auf den Wachstumskurs erwartet Jimenez erst gegen Jahresende. 2018 dürften dann neue Medikamente wie Entresto substanzielle Umsatz- und Gewinnbeiträge liefern.

Die Wartezeit will Novartis seinen Aktionären versüßen: Trotz des Gewinnrückgangs sollen sie für das vergangene Jahr 2,75 Franken Dividende je Aktie erhalten und damit zwei Prozent mehr als für 2015. Zudem will der Arzneimittelhersteller eigene Aktien zurückkaufen und so fünf Milliarden Dollar an die Aktionäre zurückgeben. Das und die Aussicht auf ein Ende der Alcon-Saga lies die Anleger zu Novartis-Aktien greifen. Mit einem Kursplus von knapp zwei Prozent gehörten sie zu den am stärksten gefragten europäischen Gesundheitswerten.