Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Mehr als die Hälfte der großen deutschen börsennotierten Konzerne haben keine Frau unter ihren Vorstandsmitgliedern und viele DAX-Unternehmen planen weiter ohne Frauen auf ihren Vorstandsetagen. Das ist das Ergebnis des aktuellen Women-on-Board-Index des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar), der seit zehn Jahren die Situation in den DAX-Unternehmen untersucht.

Die Präsidentin von Fidar forderte daher, dass endlich Schluss sein müsse mit frauenfreien DAX-Vorständen. "Viele Konzerne haben keine Frauen in Führungspositionen und verfolgen offensichtlich auch keine Strategie, das zu ändern. Dann ist es konsequent, dass sie mit mehr Nachdruck zu gleichberechtigter Teilhabe aufgefordert werden", erklärte Monika Schulz-Strelow.

Von den 66 Unternehmen, die unter die von der Bundesregierung geplante gesetzliche Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen fallen, hätten aktuell 25 Unternehmen (37,9 Prozent) keine Frau im Vorstand und entsprechenden Handlungsbedarf.


   Delivery Hero und RWE ohne Frauen im Vorstand 

Knapp die Hälfte dieser 25 Konzerne (48 Prozent) plant auch bislang nicht, das zu ändern, denn sie haben dem Verein zufolge für die Chefetage derzeit weiterhin Zielgröße Null festgelegt. Dazu zählten die DAX-30-Unternehmen Delivery Hero und RWE.

Allerdings zeigten die Pläne der Bundesregierung für eine Frauenquote in Vorständen bereits erste Wirkung: Mit Adidas, Bayer, Eon, Infineon, Fielmann und Südzucker hätten schon 6 der 66 Konzerne, die der neuen Regelung unterliegen, seit Bekanntgabe des Vorhabens eine Frau in den Vorstand berufen, so die Studie von Fidar.

Insgesamt stagniere es beim Frauenanteil in Aufsichtsräten und Ausschüssen. In die gleichberechtigte Teilhabe in Vorständen komme dagegen seit der Diskussion um eine Frauenquote für die Führungsgremien langsam etwas Bewegung. Der Frauenanteil nahm seit dem Vorjahr um 2,3 Prozentpunkte auf 13 Prozent zu. Bei den Quotenunternehmen liegt der Anteil bei 14,1 Prozent, ein leichtes Plus von 2,6 Punkten. Bei den Nicht-Quotenunternehmen lag der Anteil bei lediglich 11,3 Prozent, ein Anstieg um 1,8 Punkte seit 2020.


   Lambrecht: Höchste Zeit für Quote in Vorständen 

Im Januar hatte das Bundeskabinett beschlossen, dass in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern künftig ein Mitglied eine Frau sein muss. Für die Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wurden eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung in Vorständen vereinbart.

Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht betonte anlässlich der Fidar-Studie, dass es für echte Fortschritte Mindestbeteiligung im Vorstand brauche.

"Frauen tragen mit hoher Qualifikation und Leistung zum Unternehmenserfolg bei. Das muss sich endlich auch angemessen in allen Führungsebenen der Unternehmen abbilden. Deshalb ist es höchste Zeit für die Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen", erklärte Lambrecht.

Bei der bereits eingeführten Quote für die Aufsichtsräte habe man gesehen, dass diese Regelungen nachhaltig wirkten. Damit verändere sich nicht nur die Zusammensetzung der Führungsgremien, sondern auch die gesamte Unternehmenskultur.


   Fidar stellt sich hier gesetzliche Quote 

Laut Fidar hat eine Untersuchung der Situation in den Dax-Unternehmen während der vergangenen zehn Jahre gezeigt, dass das Ergebnis nur dort zufriedenstellend wo, wo die gesetzlichen Regelungen zahlenmäßig wirkten. Jenseits dessen fehlen aber strategische Ziele für die Gleichberechtigung.

Die Studie vergleicht die Entwicklung der Unternehmen, die der festen Quote unterliegenden, mit den Firmen, die nicht unter die Quote fallenden, im DAX notierten Konzerne.

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May 27, 2021 04:00 ET (08:00 GMT)