MÜNCHEN (awp international) - Der Elektrokonzern Siemens umschifft die Flaute bei den Kunden aus der Öl- und Gasindustrie weiter. Nach einem starken dritten Quartal zeigt sich Vorstandschef Joe Kaeser zuversichtlicher und hob die Gewinnprognose für das Geschäftsjahr spürbar an. Nun sollen bis zu 5,7 Milliarden Euro verdient werden, je Aktie zwischen 6,50 Euro und 6,70 Euro, wie der Dax-Konzern am Donnerstag mitteilte. Vorher waren bis zu 5,44 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden. Im Tagesgeschäft des dritten Quartals übertraf das Unternehmen mit einem deutlichen Zuwachs die Erwartungen des Kapitalmarkts deutlich, auch wenn unter dem Strich wegen Sonderbelastungen etwas weniger übrig blieb. Die Aktie zog im frühen Handel um knapp 3 Prozent an.

Im Industriegeschäft machte sich die gute Lage in profitablen Sparten wie der Medizintechnik bemerkbar, aber auch in der Sparte mit Energieerzeugung. In dieser machen bestehende Grossaufträge in Ägypten nach wie vor die Nachfrageschwäche bei Kunden aus der Öl- und Gasindustrie wett. Das operative Ergebnis kletterte im Jahresvergleich unerwartet deutlich um ein Fünftel auf 2,19 Milliarden Euro, die Marge auf 10,8 Prozent. Schwächer schnitt erneut die derzeit im Umbau befindliche Sparte mit grossen Antrieben und der Produktionsautomatisierung ab. Hier streicht Siemens weltweit rund 2500 Stellen, 2000 davon in Deutschland. In der Energietechnik und der Zugsparte musste Siemens Rückgänge beim Auftragseingang einstecken.

ZUWÄCHSE BEI UMSATZ UND AUFTRAGSEINGANG

Der Umsatz kletterte konzernweit im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um 5 Prozent auf 19,80 Milliarden Euro, der Auftragsbestand wuchs um 6 Prozent auf 21,06 Milliarden Euro. Ohne Währungseffekte wären die Zuwächse noch grösser gewesen. Insbesondere in der Windkraft hatte Siemens in den Monaten von April bis Juni viele neue Aufträge eingesammelt. Mit 2,73 Milliarden Euro gingen fast viermal so viele Bestellungen ein wie ein Jahr zuvor. Siemens schliesst sein Windgeschäft derzeit mit dem des spanischen Gamesa-Konzerns zusammen und wird damit Weltmarktführer.

Unter dem Strich ging der Konzerngewinn nach Minderheiten um 2,1 Prozent auf 1,33 Milliarden Euro zurück, weil höhere Zinsaufwendungen und Steuern anfielen. Unter anderem belastete eine Rückbauverpflichtung für ein Atommülllager in Hanau per saldo mit rund 210 Millionen Euro, sagte Finanzchef Ralf Thomas. Wegen der niedrigen Zinsen muss der Konzern mit höheren Aufwendungen kalkulieren.

VORSICHT BLEIBT

Thomas ist auch im operativen Geschäft und bei den angestrebten Einsparungen optimistisch. Er könne sich vorstellen, auch am Ende des Geschäftsjahres in der oberen Hälfte des Prognosebandes von 10 bis 11 Prozent operativer Marge beim Industriegeschäft zu landen, sagte er. Nach den ersten neun Monaten des Geschäftsjahrs (Ende September) lag die Marke bei 10,7 Prozent. Die Margenprognose hatte das Management bei einer Spanne von 10 bis 11 Prozent belassen. Aus früherer Erfahrung sei er vorsichtig geworden, sagte Thomas. Schliesslich habe Siemens auch kurzzyklische, konjunkturanfällige Geschäfte, bei denen es relativ rasch zu Verschlechterungen kommen könne.

Beim laufenden Sparprogramm sieht der Manager den Konzern näher am Ziel als bisher gedacht. Er wolle nicht ausschliessen, dass die geplanten Einsparungen von einer Milliarde Euro schon in diesem Jahr erreicht werden, sagte Thomas. Ursprünglich war das Ziel für das kommende Jahr ausgegeben, dieses Jahr sollten nach jüngsten Angaben bis zu 950 Millionen Euro erreicht werden. Auch künftig würden die Sparbemühungen weitergehen, sagte Thomas. Jedes Jahr solle die sogenannte Kostenproduktivität um 3 bis 5 Prozent steigen./men/enl/stb