München (Reuters) - Im Strafprozess um den Abgasskandal bei Audi will die Staatsanwaltschaft einen früheren hochrangigen Manager des Volkswagen-Konzerns ins Gefängnis schicken.

Der ehemalige Audi-Motorenchef und spätere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz solle eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten erhalten, sagte Staatsanwalt Nico Petzka am Dienstag in seinem Plädoyer vor dem Landgericht München. Hatz sei mitverantwortlich für einen Schaden von 2,2 Milliarden Euro an fast 95.000 manipulierten Autos der Marken Audi und VW. Damit habe sich der 64-Jährige des schweren Betrugs schuldig gemacht. Der Audi-Manager war noch vor dem Auffliegen des Skandals um Abgasmanipulationen zum Entwicklungsvorstand der Schwestermarke Porsche befördert worden.

Für den mitangeklagten Ex-Audi-Chef Rupert Stadler forderte Petzka eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und präzisierte damit frühere Äußerungen. Staatsanwaltschaft und Gericht hatten bereits erklärt, dass Stadler und der dritte Angeklagte, ein Ingenieur, aufgrund ihrer Geständnisse Bewährungsstrafen von anderthalb bis zwei Jahren erhalten sollen. Außerdem sollen sie Geldauflagen zahlen, Stadler 1,1 Millionen und der Ingenieur 50.000 Euro. Für den Ingenieur forderte der Staatsanwalt am Dienstag eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Zwar hatte Hatz ebenfalls ein Geständnis abgelegt. Weil dies aber erst nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer geschehen sei und wegen Hatz' Rolle bei den Manipulationen sei eine Bewährungsstrafe nicht angemessen, sagte der Staatsanwalt.

Der Münchner Prozess ist eines der prominentesten Verfahren im 2015 aufgeflogenen Skandal um millionenfache Abgasmanipulationen im Volkswagen-Konzern, bei denen Audi eine entscheidende Rolle spielte. Stadler stand bis 2018 an der Spitze der Volkswagen-Tochter. Seit 2020 muss er sich zusammen mit den beiden Mitangeklagten vor Gericht verantworten. Die Strafkammer will ihr Urteil am 27. Juni fällen.

Hatz und der Ingenieur haben gestanden, Motoren manipuliert zu haben. Dabei wurden laut Anklage gesetzliche Abgaswerte zwar auf dem Prüfstand, aber nicht auf der Straße eingehalten. Stadler hingegen werden keine aktiven Manipulationen vorgeworfen. Er soll es nach dem Auffliegen des Skandals in den USA versäumt haben, den Verkauf der manipulierten Autos in Deutschland zu stoppen. Der Manager hat dies seinerseits gestanden.

Während der Gesamtschaden im Volkswagen-Dieselskandal in die Milliarden geht, ist Stadler nach Ansicht der Staatsanwaltschaft lediglich für 69 Millionen Euro verantwortlich. Das entspreche der Wertminderung bei 26.546 Autos, die in Deutschland verkauft worden seien, sagte Petzka. Hatz und der Ingenieur hätten dagegen einen Schaden von 2,2 Milliarden Euro an 94.924 Fahrzeugen verursacht. Die Summe sei auch deswegen deutlich höher als bei Stadler, weil es dabei überwiegend um Autos gehe, die in den USA verkauft wurden. Aufgrund der dortigen Rechtslage hätten die Autos nur noch Schrottwert gehabt. In Deutschland hingegen habe man die Manipulationen durch Software-Updates beheben dürfen, was die Fahrzeugwerte dort lediglich verringert habe.

Petzka räumte ein, dass Stadler und seine beiden Mitangeklagten "zwar jeweils in sehr verantwortlichen Positionen bedeutende Beiträge zum Gesamtgeschehen geleistet haben, aber dennoch wohl nicht als die Hauptverantwortlichen angesehen werden können." Es erscheine zweifelhaft, ob es in einem "großen und komplexen" Unternehmen wie Audi einen strafrechtlich Hauptverantwortlichen geben könne, "wenn im Unternehmen so viele Beteiligte in die falsche Richtung laufen".

(Bericht von Jörn Poltz; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)