WILKAU-HASSLAU/BERLIN (dpa-AFX) - Die geplante Schließung des einzigen Haribo-Werkes in Ostdeutschland hat im Bundestag eine scharfe Debatte über die Situation des Arbeitsmarktes im Osten ausgelöst. "Leider ist Haribo nur ein Beispiel von vielen", sagte die Arbeitsmarktexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, am Donnerstag. Oftmals seien Standorte für wenig Geld übernommen, kaum investiert, die Mitarbeiter zu geringen Löhnen beschäftigt, aber die Gewinne über viele Jahre abgeschöpft worden, beklagte sie. "So ist der Osten verkauft und ausgepresst worden." Sind die Modernisierungskosten dann zu hoch, würden ostdeutschen Standorte einfach dicht gemacht. Zudem pendelten noch immer 400 000 Menschen gen Westen zur Arbeit.

Auch der AfD-Abgeordnete Jochen Pohl monierte: "Haribo ist überall" - und zählte eine Reihe von Werkschließungen auch in Thüringen auf. Derweil warfen Redner von Union und FDP der Linken vor, positive Entwicklungen im Osten schlecht zu reden und die Spaltung zwischen Ost und West zu vertiefen. Mark Hauptmann (CDU) verwies auf die Ansiedlung von Tesla in Brandenburg sowie die Fertigung von Elektroautos von VW und BMW in Sachsen. Ostdeutschland sei noch immer oft verlängerte Werkbank, beklagte Sozialdemokrat Detlef Müller. Aber: "Wir sind nicht im Jammertal. Der Osten ist wirtschaftlich stärker geworden."

Dennoch gab es über Parteigrenzen hinweg Kritik an Haribo, weil der Süßwarenhersteller mit Sitz in Rheinland-Pfalz mitten in der Corona-Krise und kurz vor Weihnachten das Werk mit 150 Beschäftigten schließe. Er habe Verständnis dafür, dass sich die Beschäftigten "verschaukelt" fühlten, sagte der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens.

Die Linke Zimmermann warf dem Unternehmen eine Hinhaltetaktik bei der Suche nach einem neuen Investor vor. Es werde verschwiegen, dass es das Werk keinesfalls an einen Konkurrenten verkaufen wolle. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten verlangte deswegen eine Klarstellung. Sollte dies stimmen, dann wären die bisherigen Ankündigungen des Konzerns "ein arglistiges Täuschungsmanöver", erklärte Landesbezirkssekretär Olaf Klenke.

Haribo stellt den Betrieb in Wilkau-Haßlau bei Zwickau ein. "Es liegt kein Angebot des Wettbewerbs vor", betonte ein Unternehmenssprecher auf dpa-Anfrage. Wie viele Interessenten es für das Werk gibt, dazu hält sich das Unternehmen bedeckt. Zuletzt war von vier die Rede. "Wir prüfen ernsthaft alle seriösen Anfragen", so der Sprecher./hum/DP/fba