Von Rochelle Toplensky

NEW YORK (Dow Jones)--Zwischen umweltbewussten Ölgiganten und Energieversorgern bahnt sich ein Kampf um saubere Energie an. Derzeit noch dominieren Letztere das schnell wachsende Geschäft. Vergangene Woche kündigte als jüngster Energieproduzent die portugiesische EDP Ambitionen im Feld der erneuerbaren Energien an: Der Konzern plant, die Kapazität bis 2025 zu verdoppeln. Das Unternehmen reiht sich damit in ein zunehmend heiß umkämpftes Feld ein, das nicht nur aus anderen zukunftsorientierten Energieversorgern, sondern auch aus den europäischen Öl- und Gas-Superkonzernen besteht.

Dazu gehört auch BP. Der Konzern hat im Februar den Zuschlag für zwei 1,5-Gigawatt-Offshore-Windkraftanlagen in Großbritannien erhalten, indem er fast das Doppelte der Summe bot, die für Anlagen ähnlicher Größe bei der gleichen Auktion gezahlt wurden. Eine Handvoll Auktionen auf der ganzen Welt im kommenden Jahr wird die neue Wettbewerbsdynamik weiter untermauern - und vielleicht auch die Risiken aufzeigen. Künftige Renditen für Investoren werden davon abhängen, dass die Unternehmen vernünftige Preise auf den Tisch legen.


Abhängigkeit von fossilen Energieträgern macht Ölkonzernen zu schaffen 

Öl- und Gasaktien sind wegen der wachsenden Unsicherheit über die zukünftige Rentabilität von Erdöl deutlich in die Knie gegangen. Erneuerbare Energien dagegen bieten offensichtliche Chancen: Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach sauberem Strom im Zuge der Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Elektrifizierung von Transport und Industrie boomt.

BP hat versprochen, seine Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2030 von 2,5 GW auf außergewöhnliche 50 GW zu erhöhen. Zusätzlich zu den Pachtverträgen in Großbritannien hat das Unternehmen eine Partnerschaft mit dem norwegischen Unternehmen Equinor für Offshore-Windkraftanlagen in den USA geschlossen und besitzt 50 Prozent des Solarentwicklers Lightsource BP. Der französische Riese Total will seine Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2025 auf 35 GW verfünffachen und bis 2030 noch einmal mehr als verdoppeln. Shell plant, bis 2025 rund 2 bis 3 Milliarden US-Dollar in saubere Energieprojekte zu investieren.


Platzhirsche wollen nicht weichen 

Damit betreten sie aber kein Neuland. Die weltweit größten Betreiber von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien sind heute Energieversorger wie Iberdrola, Enel und Nextera mit Sitz in den USA. Sie haben ähnlich ehrgeizige Pläne zur Steigerung der Produktion. Im Gegensatz zu den Öl- und Gasriesen verfügen sie auch über Expertise in der Lieferkette für erneuerbare Energien und haben Erfahrung mit Genehmigungen, Stromleitungsinfrastruktur sowie regulierten Strommärkten. Ihre vorhandenen grünen Referenzen mindern auch ihre Kapitalkosten, da Investoren nach grünen Aktien sowie Anleihen verlangen und Kreditgeber beginnen, das Klimarisiko zu berücksichtigen.

Wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien auch nur annähernd so schnell voranschreitet, wie es das Pariser Abkommen von 2016 vorschreibt, um den Klimawandel zu begrenzen, sollte es irgendwann genug Wachstum geben, um alle Ziele zu erreichen. Kurzfristig könnte es jedoch zu Engpässen kommen, da das Angebot von Anlagen und Infrastruktur mit den Ausbauplänen nicht Schritt halten kann. Genehmigungen für neue Produktionsstätten und Stromleitungen sind nicht immer leicht zu bekommen.


Kooperationen von Versorgern und Ölkonzernen denkbar 

Da viele Ölfirmen Partnerschaften mit bestehenden Entwicklern eingegangen sind oder diese aufgekauft haben, argumentieren einige in der grünen Energiebranche, dass es sich einfach um die gleichen alten Konkurrenten mit einem anderen Namen handelt. Die großen Ölkonzerne verfügen eben über tiefe Taschen, hohe Risikotoleranz und eine neue strategische Begründung, um Geschäfte zu machen.

Die Ambitionen von BP, Shell und Total auf dem Feld der erneuerbaren Energien könnten auch eine Chance für die etablierten Akteure bedeuten. Sie trennen sich oft von einem Teil ihrer mehrjährigen Wind- und Solarprojekte, sobald diese fortgeschritten sind. Auch im Öl- und Gassektor ist gemeinsamer Besitz gang und gäbe. Motivierte Käufer könnten für höhere Renditen sowie mehr Bargeld zum Beispiel von Iberdrola sorgen und diese investiert es dann in neue Projekte.


Ölkonzerne verprassen bei Auktionen mitunter Geld 

Iberdrola-Chef Ignacio Galán erwartet, dass er im Laufe des kommenden Jahres einige Auktionen gewinnt. Es wäre ein Warnzeichen, wenn er scheiterte und sich nur die großen Ölkonzerne durchsetzten. Mit ihrer größeren Erfahrung in diesem Sektor werden die Versorger vor zu hohen Geboten zurückschrecken. Einige Ölkonzerne sind dagegen vielleicht nicht so diszipliniert, wie die enormen Abschreibungen von Vermögenswerten im Jahr 2020 bezeugen.

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March 02, 2021 11:15 ET (16:15 GMT)